Kleinkläranlagenzwang und neue Standards – damit wir nicht vor Jahresende im Erzgebirge großen Mist erleben
Ich habe wieder Post bekommen, diesmal zum Thema Kleinkläranlagen. Es mag absurd klingen, aber das Thema schwirrt schon seit Längerem durch meinen Kopf und mich wundern, warum es nicht schon längst in aller Munde ist.
Die Fakten:
- Am 31.12.2015 müssen alle Privathaushalte an eine gesetzeskonformen Kläranlage angeschlossen sein, um ins Abwassernetz einleiten zu können.
- Teilweise können das die Kommunen nicht leisten. Dies betrifft vor allem abgelegene Wohnlagen. In kommunalen Abwasserbeseitigungskonzepten wurde dann, mit Ratsbeschlüssen untersetzt, diese Pflichtaufgabe übertragen – nämlich an die Bürgerinnen und Bürger selbst.
- Das Sächsische Wassergesetz überträgt de facto dort, wo die Kommunen der Pflichtaufgabe nicht nachkommen, die Aufgabe der Unterhaltung einer gesetzeskonformen KIäranlage an die Bürgerinnen und Bürger, die Haushalte.
- Alle, die dieser Aufforderung nicht bis zum 31.12.2015 nachkommen, machen sich strafbar und müssen mit empfindlichen Strafen rechnen.
Unsere Meinung als LINKE dazu:
- Die ursprüngliche Idee der europäischen Gesetzesinitiative ist, dass es um eine Verbesserung der Wasserqualität geht. Dem Ansinnen ist nichts entgegen zu setzen. Wasser ist als Lebensgrundlage ein hohes Gut.
- Wie allerdings die Verbesserung der Wasserqualität umgesetzt wird und ob nun gerade die vor zwei Jahren beschlossene Änderung des Sächsischen Wassergesetzes der richtige Weg ist, da haben wir unsere Zweifel.
- Abwasser ist bei aller Logik Aufgabe der Kommunen. Deshalb fordern wir eine ordentliche Finanzausstattung der Kommunen und Landkreise, um ihnen die notwendigen Handlungsspielräume zu geben.
- Die Kommunen haben mit sog. Abwasserbeseitigungsgesetzen in den Gemeinderäten beschlossen, wo der kommunale Betrieb / Verband zentral anschließt und wo nicht.
- Durch diese Entscheidungen und das Gesetz in Verbindung werden VerbraucherInnen in Haftung genommen für eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Das halten wir für falsch.
- Das Gesetz trifft in erster Linie Privathaushalte, darunter auch viele Haushalte, die sich eine neue Kläranlage gemäß Förderrichtlinien nicht leisten können.
Was haben wir bisher getan:
- Unsere Landtagsabgeordnete Jana Pinka und vorher Andrea Roth haben z.B. dafür gekämpft, dass die Frist verlängert wird bis ins Jahr 2022, um die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
- Weiterhin hat Dr. Jana Pinka hinterfragt, wie viele betroffene Haushalte denn bisher nicht gesetzeskonform angeschlossen seien ans Abwassernetz. Es handelt sich um sage und schreibe 240.000 EinwohnerInnen in Sachsen.
- Derzeit haben wir eine kleine Anfrage an die Staatsregierung gestellt, wie viele der Haushalte, die eine neue Kläranlage brauchen Transferleistungen nach SGBII beziehen. Weiterhin vermuten wir, dass auch viele Rentnerinnen und Rentner betroffen sind.
- Die vom Freistaat beschlossene Förderrichtlinie für die gesetzeskonformen Anlagen sieht einen Zuschuss von 1500 Euro vor. Das sind bei geschätzten 8500 Euro Kosten für Viele nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
In Summe ist das alles ein Unding und wird viel zu wenig thematisiert.
Wie werde ich als Landrätin aktiv?
Da es sich um ein Landesgesetz handelt und die CDU/SPD vermutlich nicht bereit ist, hier einzulenken, liegt hier Schwerstarbeit vor mir. Aber ich sehe Möglichkeiten und werde all diese Möglichkeiten ausschöpfen.
Erstens werde ich über den Landkreistag das Thema gemeinsam mit den anderen Flächenkreisen so formuliert an die Staatsregierung tragen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Inwiefern das in einem CDU-dominierten Landkreistag möglich ist, wird sich zeigen. Aber den Versuch würde ich machen.
Zweitens werde ich als Landrätin auf den Umweltminister zugehen und ihn bitten, die sog. „ermessensleitenden Hinweise“ auszuweiten. Derzeit sind diese auf zum Beispiel Umsiedlungsgebiete in Braunkohlegebieten beschränkt oder es reicht der Nachweis einer Beauftragung zur Errichtung einer Kläranlage bis zum 31.12.2015. Hier würde ich beim Minister darum bitten, dass auch Härtefälle vom fristgemäßen Umsetzen des Gesetzes befreit werden müssen und schauen, welche anderen sinnvollen Ausnahmen noch aufgenommen werden können. Hier gibt es mehr Hintergrundinformationen.
Drittens hat sich die Staatsregierung Rücklagen in Höhe von 68 Millionen Euro für aus der Abwasserabgabe geschaffen. Hier werde ich dafür kämpfen, dass für die Errichtung von Kleinkläranlagen Sonderförderungen beantragt werden können, die unter sozialen Gesichtspunkten vergeben werden und einen größeren Anteil der Kosten als die bisherige Förderung für die Verbraucher decken. Eine weitere, meiner Meinung nach nicht zufriedenstellende Möglichkeit, ist die Vergabe von zinslosen Darlehen mit langer Laufzeit – wenngleich hier die Verbraucherinnen und Verbraucher nur für den Moment entlastet werden und auf Jahre hin belastet sind.
Das sind meine ersten Ideen dazu. Ich kann zum Thema in jedem Falle auf die Kompetenz von unseren Abgeordneten im Sächsischen Landtag zurückgreifen bzw. auch eng mit den Initiativen zusammenarbeiten, um hier größtmöglichen Schaden für die hier lebenden Menschen zu verhindern.
Es kann nicht angehen, dass finanziell schwächere Menschen ihr Wohneigentum verkaufen müssen, weil ihre Kläranlage nicht mehr den neuesten Standards entspricht und sie kaum Förderung bekommen. Genauso wenig ist für mich nachvollziehbar, dass auch Rentnerinnen und Rentner noch gezwungen sind, diese Investition allein wegtragen müssen. Ich bleibe beim Grundsatz, dass Abwasser Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge ist und setze mich genau dafür ein.
Aus dem Koalitionsvertrag der CDU-SPD Koalition:
Die Koalitionspartner wollen die Wassergüte weiter verbessern, damit in sächsischen Flüssen und Seen der Artenreichtum weiter zunimmt und die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden. Die Koalitionspartner verfolgen eine Abwasserpolitik als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die im Sächsischen Wassergesetz § 50 Absatz 1 festgeschriebene kommunale Pflicht zur Abwasserbeseitigung bleibt bestehen. Die Kommunen sollen eigenständig entscheiden, ob sie diese Aufgabe selbst oder in Zusammenarbeit mit Dritten wahrnehmen wollen. Gewässerschutz in Sachsen bleibt eine große Herausforderung. Der im ländlichen Raum zu realisierende dezentrale Ausbau der Abwasserentsorgung soll im Rahmen der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 auf der Grundlage der bestehenden Förderung umgesetzt werden. Die finanzielle Ausstattung der Förderrichtlinie für Investitionen in dezentrale öffentliche Lösungen ist (bis Ende 2015) gewährleistet. Wir ermutigen die kommunale Ebene, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Ermessensleitenden Hinweise in Anwendung zu bringen. Den Kommunen bzw. Abwasserzweckverbänden obliegt eine umweltfachliche, finanzielle und technische Beratungspflicht für die Bürgerinnen und Bürger, die eine private Kleinkläranlage errichten wollen. Dabei sollen die Leistungen des Bildungs- und Demonstrationszentrums für dezentrale Abwasserbehandlung — BDZ e.V. genutzt werden
Hier gehts zum Sächsischen Wassergesetz
Hier gehts zur Bürgerinitiative Abwasser im Vogtland