Na … es geht doch — menschenwürdige Unterbringung und Integrationswille

Als derzeit in Dres­den wohnende schämt man sich täglich. Ger­ade im Jahresurlaub gewe­sen, macht es defin­i­tiv keinen Spaß, Leuten in Südeu­ropa zu sagen, dass man aus Dres­den kommt. “Ach, das ist doch die Stadt, in der …” war oft die Reak­tion. Hier wurde die sog. Zelt­stadt errichtet, in der laut Infor­ma­tio­nen aus Unter­stützerIn­nenkreisen und den Medi­en men­sche­nun­würdi­ge Zustände herrschen. Man­gel­nde medi­zinis­che Ver­sorgung, schlimm­ste Bedin­gun­gen für die dort aushar­ren­den Asyl­be­wer­berIn­nen. Ich will das jet­zt nicht alles wieder­holen.

Umso mehr freue ich mich über Mel­dun­gen wie diese. In Annaberg ist es offen­sichtlich gelun­gen, Asyl­be­wer­berIn­nen in Woh­nun­gen unterzubrin­gen und es gibt den offen­sichtlichen den Willen, dass die Men­schen, die aus Not nach Deutsch­land gekom­men sind, auch in Annaberg bleiben. Auf Dauer. In Sach­sen ist das derzeit keine Selb­stver­ständlichkeit. Vielmehr wur­den über Jahre Ressen­ti­ments geschürt, so dass jet­zt wieder (ähn­lich wie Anfang der 90er) ras­sis­tis­che Het­zereien an Stammtis­chen “selb­stver­ständlich” sind, aber auch Über­griffe auf Asyl­be­wer­berIn­nen, Bedro­hun­gen auch von Unter­stützerIn­nen. Das alles läuft dann unter dem Label der freien Mei­n­ungsäußerung.

Und da hört es bei mir wirk­lich auf. “Die Würde des Men­schen ist unan­tast­bar” ste­ht in unserem Grundge­setz geschrieben. Und sog. “freie Mei­n­ungsäußerung”, die andere her­ab­set­zt, ver­let­zt, zu Men­schen zweit­er oder drit­ter Klasse degradiert ist nicht hin­nehm­bar. Vielmehr wider­spricht sie dem Gedanken der Gle­ich­heit aller Men­schen.

Ich wün­sche mir für das Erzge­birge mehr Beispiele wie Annaberg und hoffe, dass die Forderun­gen nach mehr Unter­stützung aus Land und Bund gehört wer­den. Und ich wün­sche vorallem von ein­er CDU eine andere Hal­tung zum The­ma Asyl und Zuwan­derung. Denn sie ist auch für Sach­sen eine Chance und kann für unsere Gesellschaft eine Bere­icherung sein.
Nicht nur ein­mal habe ich mich im Wahlkampf darüber geärg­ert, dass Lan­drat Vogel in Debat­ten die “Prob­leme” beim The­ma Asyl vor sich hertrug und per­ma­nent für schnellere Abschiebung warb. Wo man doch über die anste­hen­den Her­aus­forderun­gen hätte reden kön­nen und wie man diese ange­hen will. Über gelun­gene Willkom­men­spro­jek­te, über die Fra­gen, wie man auch als Land­kreis mehr tun kann im Rah­men der Möglichkeit­en.

Sach­sen ist nach­weis­lich eines der Bun­deslän­der mit geringem Zus­trom an Flüchtlin­gen. Von den prog­nos­tizierten 450.000 Asyl­be­wer­berIn­nen deutsch­landweit im Jahr 2015 kom­men nach Sach­sen ca. 20.000. Aktuell hat Sach­sen mehr als 4 Mil­lio­nen Ein­wohner­In­nen. Jährlich hat allein das Erzge­birge einen Bevölkerungsrück­gang 2000 mehr Ster­be­fälle als Geburten.
Dafür gibt es aber in Sach­sen die meis­ten Prob­leme. Und die sind haus­gemacht. In Sach­sen wurde durch die dauer­regierende CDU nie für Willkom­men­skul­tur und Vielfältigkeit gewor­ben, son­dern behar­rlich wieder­holt, dass es kein Prob­lem gäbe. Es wurde in den let­zten Jahren nie trans­par­ent mit den Flüch­lingsströ­men und deren Ursachen auch nach Sach­sen umge­gan­gen, was zu Prob­le­men führen muss.
Mehr noch wurde gern in gute und in schlechte Asyl­be­wer­berIn­nen kat­e­gorisiert, was mich im End­ef­fekt wütend macht. Selb­stver­ständlich gibt es rechtliche Unter­schiede zwis­chen Zuwan­derung und Asyl, aber wie man auf Men­schen zu geht, darf keine Unter­schei­dung aufweisen — egal, welchen Sta­tus sie haben. Alles andere ist unmen­schlich. Hierzu­lande freuen wir uns, wenn junge Men­schen den Schritt wagen und ins Aus­land gehen. Anderen geste­ht man das nicht zu? Ver­ste­he ich nicht.

Und wenn im Grundge­setz zu lesen ist “Die Würde des Men­schen”, da ste­ht da eben nicht “Die Würde von Deutschen”. Son­dern es ist einein­deutig. Es geht um alle. Meine Ver­mu­tung: sie wer­den sich bei Ver­ab­schiedung unser­er Ver­fas­sung etwas dabei gedacht haben.