1. Mai Kundgebung in Chemnitz — Protest gegen Aufmarsch des dritten Weges
Ich war eben in Chemnitz bei der Demo des DGB unter dem Motto: „Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit“.
Ich durfte am Stefan-Heym-Platz für DIE LINKE reden. Direkt gegenüber standen die Teilnehmer*innen der Veranstaltung des Dritten Weges. Während ich sprach, erreichten gerade etliche Nazis den ihn zugewiesenen Versammlungsort und es war laut!! Die Demo hat deutlich artikuliert, dass in Chemnitz keine Platz für den Dritten Weg ist. Ich hoffe, dass es gelingt, den Aufmarsch zu stoppen.
In meiner Rede habe ich das folgende gesagt:
Liebe Kolleginnen und Kolleginnen,
Liebe Freundinnen und Freunde,
es ist gut, dass wir heute Viele sind und dass ein koordinierter Protest gegen den Missbrauch des Tages der Arbeit durch den dritten Weg erfolgt. Denn dieser Missbrauch ist für uns nicht hinnehmbar.
Wir sind heute hier auf der Straße im Rahmen der Demo des DGB, aber auch die Studierenden, die Kulturschaffenden, das Bündnis Chemnitz nazifrei stehen auf gegen rechte Hetze.
Damit ist es gelungen, dass verschiedene Spektren mit dem gemeinsamen Ziel auf der Straße sind: Dem Missbrauch des 1. Mais, des Tages der Arbeit durch den dritten Weg, wohlgemerkt lupenreinen Nazis entgegen zu treten.
Die wollen nämlich nur eins, die Gesellschaft noch weiter spalten. Dem schauen wir nicht unwidersprochen zu!!
Wir stellen uns Allen, die sich da drüben versammelt haben und ihren Forderungen, die menschenverachtend sind, vehement entgegen.
- Die da drüben wollen, dass es Vollbeschäftigung nur für Biodeutsche gibt. Nein. Vollbeschäftigung für alle.
- Die wollen leistungsbezogene Arbeitsethik. Da sagen wir nein, denn es gibt auch zahlreiche Beschäftigungen, die nicht profitorientiert sind, die man nicht in kapitalistischen Kennzahlen messen kann, die aber für die Gesellschaft und deren funktionieren wichtig sind.
- Globalisierung müssen wir gestalten, Nationalismus hat noch immer ins Verderben geführt.
- Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sollen, wenn es nach denen da drüben geht, ohne weiteres gleichermaßen aufgelöst und unter einem Dachverband der deutschen Arbeit zusammengeführt werden. Ja, sagt mal, hackts? Wir brauchen starke Gewerkschaften, weil nur so die Interessen der ArbeitnehmerInnen sinnvoll vertreten werden können!
- Wir verteidigen den Sozialstaat. Wir wollen keine Ellenbogengesellschaft, die die Schwächeren an den Rand drückt,
- Und selbstverständlich stehen wir dafür, dass der Sozialstaat ohne Selektierung nach Herkunft oder Religion oder sexueller Orientierung jenen hilft, die sich nicht selbst helfen können.
Wir müssen einen Kampf führen, gegen ein Menschenbild, gegen ein geschlossenes Weltbild, was weiter auf dem Vormarsch ist.
Unsere Gesellschaft ist bunt, sie ist vielfältig und der Wert eines Menschen hängt nicht von seiner Nationalität ab, sondern von dem, was er ist und wie er ist.
Der DGB hat uns hier alle zusammengetrommelt unter der Losung: „Solidarität, Vielfalt und Gerechtigkeit.“
Wir stehen und laufen heute hier, für die folgenden Forderungen:
- Schluss mit Minijobs und Befristungen,
- Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich
- Schließung von Lohnlücken,
- Tarifflucht wirksam bekämpfen,
- Endliche ein gerechtes Steuersystem,
- Kampf um das Projekt EU.
Das sind alles Notwendigkeiten, um den soziale Frieden in unserer Gesellschaft wieder herzustellen, die Arbeitnehmer*innen schützen und dem gegenseitigen Ausspielen derer, die zusammenstehen müssen, Abhilfe schaffen.
Und ja, das sind linke Forderungen!!! Ich würde da gern noch viel weiter gehen!! Aber es sind auch unsere gemeinsamen Forderungen.
Und wir haben in diesem Land ein ganzes Stück Arbeit vor uns, um eine Gesellschaft zu gestalten, die nicht kategorisiert, die zusammen steht.
Dabei seid ihr alle hier gefragt, denn meckern auf dem Sofa nützt nichts. Aber da ist auch Politik gefragt. Und als eine von den Politiker*innen sage ich ganz deutlich, dass Politik enormen Nachholebedarf hat, dass wir Debatten führen müssen zu Zukunftsfragen … mit Euch gemeinsam und dass es auch in der Politik eine andere Kultur braucht.
Mit Zukunftsfragen meine ich, dass wir darüber reden müssen und zwar offen und ehrlich, wie Arbeit in 10 oder 15 Jahren aussieht. Ich verstehe die Angst, die Digitalisierung und Technisierung mit sich bringen. Es ist nämlich die Fragen, ob man selbst vllt überflüssig wird.
Wir müssen auch darüber reden, wie soziale Sicherungssysteme in Zukunft aussehen können, wenn Brüche in Erwerbsbiografien, Auslandsaufenthalte zur Normalität werden, wenn die sog. Flexibilisierung zu Vereinzelung der Arbeitnehmer*innen führt. Wie wollen wir uns in Zukunft zusammenschließen und gemeinsam stark sein? Wie sieht unsere Rente, unser Arbeitslosengeld der Zukunft aus? Wie erhalten wir Zusammenhalt in der Gesellschaft? Wie wird wieder deutlich, dass die Grenze nicht zwischen Nationen verläuft, sondern zwischen denen die unfassbar viel Reichtum horten und Profite maximieren und jenen, die um jede Lohnerhöhung kämpfen müssen?
Mit anderer Kultur in Politik meine ich, dass Parteien sich hinterfragen müssen … ja, auch wir LINKEN. Oft hat man den Eindruck, dass der bloße Schlagabtausch im Mittelpunkt steht. Ein wirklicher Meinungsaustausch findet nicht statt. Also das Ringen, um die beste Idee in allem Respekt und immer im Blick habend, was gut ist für Sachsen und die Menschen, die hier leben. Ich bin es leid zu hören, dass wir dieses oder jenes schon immer so gemacht haben.
Und Beteiligung darf nicht da aufhören, Politikern mal die Meinung geigen zu dürfen oder mal eine Hand zu schütteln, sondern auch die sächsische Politik sollte den Mut haben, Menschen die gern mitwirken wollen, mit einzubeziehen.
Wenn wir das nicht hinbekommen, werden wir alle 2019 die Quittung erhalten und sehen, dass Rechtspopulisten weiter auf dem Vormarsch sind. Die werden nicht aufgehalten, indem man Stück für Stück ihre Forderungen übernimmt und Deutschland abschottet.
Heute hat hier auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer gesprochen. Das ist seit Biedenkopf der erste MP, der bei einer 1. Mai — Veranstaltung dabei war. Bei den Protesten in Ostritz hat Ministerpräsident Michael Kretschmer gesagt, er hätte sich überzeugen lassen, dass #rockgegenrechts ebenfalls wichtiger Bestandteil des Protests gegen ein Nazifestival ist und meint dann „alle, die ihren Beitrag leisten können, sind uns willkommen“. Das ist ein Paradigemenwechsel, der Hoffnung macht. Aber Worten müssen auch Taten folgen und wir werden genau hinsehen.
Wir müssen zusammenstehen,
- gegen die Vorrohung in der Gesellschaft,
- gegen die Ausgrenzung von Menschen, die nicht das Glück hatten in einer reichen Industrienation geboren worden zu sein,
- gegen das Ausspielen derer, die eh am wenigsten haben und die schwächste Verhandlungsposition.
Denn seien wir doch mal ehrlich, jeder Konzern ist auch immer nur so gut, wie seine Beschäftigten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Liebe Freundinnen und Freunde,
Wir lassen uns nicht ausspielen! Wir lassen uns den heutigen Tag nicht nehmen. Wir kämpfen für mehr Solidarität, für mehr Gerechtigkeit. Wir kämpfen für unsere Zukunft.
Mischt Euch ein! Kritisiert! Meckert nicht im stillen Kämmerlein und stellt uns Politiker*innen an unseren Versprechen und fordert ein, dass wir endlich an Lösungen arbeiten, die allen Menschen das Gefühl von Sicherheit für die Zukunft vermitteln.
In diesem Sinne wünsche ich uns einen kämpferischen und friedlichen 1. Mai.
Ich wünsche mir, dass Chemnitz und Sachsen nicht nur am 1. Mai wieder nazifrei, frei von diesem Gedankengut ist.